Irak: Das Trauma verarbeiten

Baseema war 13 Jahre alt, als die Krise ausbrach.

Baseema war 13 Jahre alt, als die Krise ausbrach. Im August 2014 griffen bewaffnete Gruppen Sindschar an und töteten Tausende von Menschen. Zehntausende Iraker flohen ins Gebirge – ohne Unterkunft, ohne Nahrung, ohne Trinkwasser. Der einzige mögliche Fluchtweg war von Soldaten blockiert – sie sassen inmitten der Berge in der Falle.

Baseema erlitt aufgrund der schrecklichen Geschehnisse ein schweres Trauma. Sie schaffte es monatelang nicht, aus dem Bett aufzustehen. „Ich hatte mein Augenlicht verloren und konnte meine Hände nicht bewegen“, sagt die Jugendliche leise. „Auch aufstehen und laufen schaffte ich nicht mehr. Jedes Mal, wenn ich es versuchte, wurde ich ohnmächtig.“

Baseema hatte Visionen und hörte Stimmen. Männer in schwarz-weissen Kleidern befahlen ihr zu gehorchen. Ein Arzt diagnostizierte bei ihr eine Schizophrenie und liess sie behandeln – vergebens. Im September 2016 begann sie mit wöchentlichen Sitzungen bei Firas, einem psychologischen Berater von Medair.

„Am Anfang tat ich nichts weiter, als mit ihr zu sprechen. Es ging darum, ihr Vertrauen zu gewinnen“, erklärt Firas. Auch er ist durch die schrecklichen Ereignisse vom August 2014 gezeichnet.


Anhand der Berichte von Firas überprüfte der Arzt Baseemas Diagnose und verschrieb ihr eine Behandlung gegen posttraumatische Belastungen. „Firas gab mir wertvolle Tipps: Ich könne mich gegen die Stimmen in meinem Kopf wehren und sie konfrontieren. Heute sage ich ihnen, dass ich lediglich auf meinen Arzt höre“, lächelt Baseema. „Das hat mein Leben verändert. Ich kann wieder allein das Haus verlassen und meine Familie ist beruhigt.“

Baseemas Worte machen auch Firas Mut: „Zwar hat sie noch einen weiten Weg vor sich“, sagt er. Doch sie hat wieder Hoffnung geschöpft. Sie weiss, dass es ihr wieder besser gehen wird und dass sie sich selbst helfen kann. Sie hat enorme Fortschritte gemacht.“


Psychische Störungen mithilfe von Gesprächstherapie zu behandeln, ist in Baseemas Kultur nicht üblich – es lasten sogar schwere Vorurteile darauf.  „Wir bräuchten alle Hilfe“, gibt ein Gemeindeleiter zu. „Meine Frau und ich und unsere Kinder – das ganze Dorf ist betroffen. Jeder Knall, jeder Fluglärm ruft Erinnerungen wach und jagt den Menschen Angst und Schrecken ein.“

„Das Team von Medair ist grossartig“, lobt er.


Der Name Baseema bedeutet „Lächeln“. Während sie von ihrem neuen Leben erzählt, leuchten ihre Augen. Dass sie sich wieder wohlfühlt in ihrer Haut, ist ihr deutlich anzusehen. Und sie hat wieder Mut und neue Hoffnung.

 

CHECK OUR LATEST STORIES