Reaktion auf das Erdbeben in Ecuador: Keine Ortschaft wird vergessen

Im April 2016 wurde Ecuador von einem Erdbeben der Stärke 7,8 auf der Richterskala erschüttert. Innerhalb der ersten 72 Stunden kamen 660 Menschen ums Leben, 4‘600 erlitten Verletzungen.

Etliche Häuser wurden beschädigt oder gar völlig zerstört. Trotz Trauer und grosser Angst vor Nachbeben, begannen Tausende von Familien sofort mit dem Wiederaufbau. Die ecuadorianische Regierung und diverse humanitäre Organisationen leisteten umgehend Hilfe für die verwüstete Stadt Pedernales und die nahen Provinzen Manabí und Esmeraldas. Leider gelangte keine Hilfe in die abgelegenen Ortschaften.

Über zwei Wochen waren diese entfernten Gebiete ganz auf sich alleine gestellt. Angesichts dieser Notlage, trat Medair auf den Plan und versorgte die Menschen in den ländlichen Gemeinden San Gregorio und Borbón in der Provinz Esmeraldas mit dem Nötigsten. „Ihr seid die Ersten, die den Weg zu uns gefunden haben“, sagte ein Ortsvorsteher in San Gregorio.

Die Provinz Esmeraldas besteht aus Dutzenden von „unsichtbaren“ Dörfern. Sie sind nicht gut erschlossen, und die Menschen leben mehr schlecht als recht von der Landwirtschaft. Vor dem Erdbeben litten viele Familien unter Armut und Isolation. Nun müssen sie zusätzlich den Verlust ihrer Häuser und ihrer Einkünfte verkraften und fühlen sich nicht mehr sicher. Die meisten Menschen gehören ethnischen Minderheiten an. Sie besitzen keine Staatsbürgerschaft und sind für die Regierung praktisch inexistent. Medair hat sich sofort aufgemacht, um diesen Not leidenden Menschen unbürokratisch Hilfe zu leisten.

Am allermeisten fehlt den Menschen ein sicheres Dach über dem Kopf. Ihre Holzhäuser, die auf Pfeilern errichtet sind, stehen schief oder liegen komplett zerstört auf dem Boden. Um der Witterung nicht schutzlos ausgeliefert zu sein, haben die Menschen aus Bambuspfählen und Müllsäcken provisorische Unterkünfte gebaut. Doch diese offenen Behausungen bieten nur wenig Schutz und überhaupt keine Privatsphäre. Zudem sind sie überfüllt und instabil.

Carmen Chilimia ist Mutter von elf Kindern. Sie steht den Bewohnern der Gemeinde Santa Rosa vor. Diese ist nur per Boot zu erreichen. Als die Erde zu beben begann, war Carmen mit ihrer Familie zuhause.


Die Stärke der Einwohner von Santa Rosa – körperlich wie mental – und die Solidarität untereinander sind beeindruckend. Dennoch benötigen die Menschen dringend Hilfe in Form von soliden Unterkünften, Nahrungsmitteln sowie praktischer Anleitung in Sachen Wiederaufbau.

Deshalb hat Medair unverzüglich begonnen, die Bevölkerung mit Notunterkünften, Kochausrüstungen und Moskitonetzen zu versorgen. Viele Familien können sich selbst diese einfachsten Dinge nicht leisten oder leben zu weit von einem Markt entfernt. Das Medair-Team beschaffte weitere wichtige Hilfsgüter, darunter Benzinkanister und Wasserfilter, um durch Trinkwasser ausgelöste Krankheiten einzudämmen.

Sobald die Menschen wieder ein Dach über dem Kopf haben und der Alltag zurückgekehrt ist, wird Medair mit Schulungen beginnen. Die Mitarbeiter werden den Menschen zeigen, wie sie sichere Unterkünfte bauen und diese besser vor Katastrophen schützen können. 220 Familien, wie jene von Carmen, werden dann wieder ein sicheres Zuhause haben und sich in Notfällen zu helfen wissen. Durch Schulung und praktische Unterstützung beim Wiederaufbau werden wir weiteren Tausenden von Menschen in Not helfen.

Der Verlust ihres Zuhauses, ihres Hab und Guts und ihrer Arbeit hat die Menschen hart getroffen. Unter den Erinnerungen und Folgen des Erdbebens leiden viele Überlebende auch psychisch. Mütter erzählten, dass ihre Kinder aus Angst vor weiteren Beben vor Angst kaum einschlafen könnten. Carmen bestätigt: „Seit dem Erdbeben ist mein Fünfjähriger sehr unruhig. Wenn er ein Kabel sieht, das sich in der Luft bewegt, fängt er an zu schreien, weil er denkt, dass die Erde erneut bebt.“ Medair setzt alles daran, um auch dieser Not zu begegnen. 800 Kinder und 200 Erwachsene werden psychologische Hilfe erhalten, damit sie wieder angstfrei leben können.

„Dies sind die ersten Hilfsleistungen, die unsere Gemeinde erhalten hat“, sagt Carmen. „Wir müssen aus dieser misslichen Lage unbedingt herausfinden. Mir ist bewusst, dass viele Menschen in Schwierigkeiten stecken und Not leiden. Wir bitten ja nicht um Hilfe im grossen Stil, sondern lediglich um eine kleine Unterstützung. Und viel wichtiger ist, dass diese andauert.

Carmens Tatkraft und Mut sind bezeichnend für die abgelegenen Ortschaften von Esmeraldas. Trotz der Erschütterungen, trotz Trauer und Schrecken, sind die Familien hochmotiviert, ihr Zuhause wiederaufzubauen und ins Leben zurückzufinden. Dank der Schulungen und Hilfsgüter von Medair werden sie den Wiederaufbau auf solide Weise bewältigen können. Wir kümmern uns um die Bedürfnisse und Nöte der isolierten Familien in den abgeschiedenen Gegenden. Und wir sorgen dafür, dass keine Ortschaft vergessen wird.


Medair rettet Leben! Unterstützen Sie unsere Arbeit in Ecuador mit Ihrer Spende.

© UNICEF/Castellanos

CHECK OUR LATEST STORIES